Das jüngste Wirtschaftspapier der Sozialdemokraten lässt tief blicken. Der Klassenkampf wird bewirtschaftet, die Welt aufgeteilt in die Kleinen und die Grossen. In ihrer Sicht sind die Kleinen selbstverständlich die Guten und die Grossen sind die Bösen. Ich bin eine Kleinunternehmerin, also gehöre ich theoretisch zu den Guten. Gerne möchte ich ein paar Überlegungen anstellen, welche zeigen sollen, wie falsch eine schwarz-weisse Sicht der Wirtschaftswelt ist.
Nicht gegeneinander, sondern gemeinsam kommen wir weiter
Viele Unternehmen in der Schweiz sind kleine und mittelständische Familienbetriebe. Sie bestreiten ihren Alltag im ständigen Wettbewerb. Viele dieser Mittelständler sind Zulieferer für grössere Firmen. Beispielsweise der Schreiner, der für eine Bank oder für ein internationales Pharma-Unternehmen Arbeiten erledigt. Was würde wohl passieren, wenn die grossen Auftraggeber wegfallen? In der Wirtschaft hat es Platz für alle Arten von Unternehmen, sie funktionieren gemeinsam.
Wir brauchen mehr Gemeinsinn! Wir brauchen eine Wirtschaft, die integriert und die Chancen bietet. Das Ziel ist nicht, dass am Ende alle gleich sind, sondern dass alle Menschen die gleichen Chancen haben und ihr Leben so gestalten können, wie sie es wünschen. Gleichheit hingegen würde bedeuten, dass niemand mehr haben darf als der andere, die Auswirkung eines Systems der Gleichheit ist immer ein System des Neids – kann das wirklich eine soziale Politik sein?
Chancengleichheit basiert auf einem exzellenten Aus- und Weiterbildungssystem, das Jung und Alt beste Voraussetzungen bietet, um vorwärts zu kommen. Gleichzeitig ermöglicht ein flexibler Arbeitsmarkt mit einer funktionierenden Sozialpartnerschaft die besten Rahmenbedingungen, damit grosse und kleine, nationale und internationale Unternehmen ihre Ideen verwirklichen und nachhaltige Gewinne erarbeiten können. Nachhaltige Gewinne sind die Grundlage für Investitionen, Innovation und Wohlstand.
Menschen sind in der Lage, mit Fortschritt umzugehen
Die Digitalisierung erscheint im Wirtschaftspapier als grosses Risiko. Sicher ist die Entwicklung neuer Technologien immer auch eine Herausforderung, aber ich bin überzeugt, die Menschen sind in der Lage, damit umzugehen. Aufgrund technologischer Entwicklungen verschwinden Arbeitsplätze, doch es werden auch neue geschaffen. Natürlich kann man als politische Partei in solchen Situationen des Wandels Angst schüren. Doch die Geschichte lehrt, dass jede neue Technologie auch immer neue Chancen mit sich bringt. Sonst wären wir spätestens seit der Erfindung des Rades alle arbeitslos. Trägersklaven braucht es heute bekanntlich keine mehr.
Die Digitalisierung verändert unser Verhalten, wie auch schon die Erfindung von Bargeld, die Erfindung des Computers und die Erfindung des Smartphones unsere Welt verändert hat. Dies ist normal, es ist zu begrüssen, denn Fortschritt bedeutet Wohlstand. Und ich sage dies ganz bewusst, denn gerade in meiner Branche, dem Treuhandgeschäft, stehen grosse Umwälzungen an. Viele meiner Berufskollegen fragen sich, ob sie in Zukunft noch gebraucht werden oder ob ein Computer alle Aufgaben übernehmen kann, die wir heute leisten. Auch hier bin ich überzeugt: Verantwortung kann nicht an eine Software delegiert werden. Einfache händische Arbeit hingegen, die wird ersetzt.
Nun heisst es ja immer, die Sozialdemokratie sei progressiv, doch ich erkenne hier nur eine von starken Zukunftsängsten geprägte konservativ-sozialdemokratische Wirtschaftspolitik. Nach der Lektüre bin ich darum einmal mehr eine überzeugte progressive Liberale und stolz auf meine FDP. Denn unsere Politik steht für Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt.
Daniela Schneeberger ist Nationalrätin (BL) und Mitglied der Wirtschaftskommission.