Mut zur Ordnungspolitik
Eine liberale Ordnungspolitik macht die Freiheit des Einzelnen zum Ausgangspunkt aller staatlichen Massnahmen und konkretisiert diese individuelle Freiheit in einer Wirtschaftsverfassung, bei der die Garantie des Privateigentums, die Vertragsfreiheit, der freie Marktzugang und die individuelle Haftung grundsätzliche Bedeutung zukommt. Als allgemeine Regel ist dies schnell gesagt. Anspruchsvoller wird es, wenn unser ordnungspolitisches Denken durch den politischen und wirtschaftlichen Alltag herausgefordert wird. Es braucht Mut, mit ordnungspolitischen Argumenten der politischen und medialen Entrüstungsindustrie entgegenzutreten, die ein absurd hohes Einkommen eines einzelnen Managers als generelles Problem der Wirtschaft thematisiert. Noch stärker gefordert ist unser Mut, wenn die Grundregeln einer freiheitlichen Wirtschaftsverfassung von der Wirtschaft selbst in Frage gestellt werden. Dazu gehören Forderungen nach staatlichen Interventionen, weil einzelne Unternehmen „too big to fail“, private Veranstalter in Kultur und Sport „too important to fail“ oder durch den Strukturwandel herausgeforderte Branchen „too established to fail“ sind. In all diesen Fällen ist Widerspruch angesagt. Eine glaubwürdige Ordnungspolitik darf nicht vor der eigenen Haustüre Halt machen.
Mut zur Langfristigkeit
Im Gegensatz zur ordnungspolitischen Gradlinigkeit wird das Bestreben um Langfristigkeit nicht durch Einzelinteressen, sondern durch die Spielregeln der demokratischen Auseinandersetzung herausgefordert. Das traditionelle Koordinatensystem der Schweizer Politik hat an Relevanz verloren. Überlagert wird der Verlust an langfristiger Orientierung durch die Bedürfnisse des politischen Marketings. Im Kampf um die Headline in der Sonntagspresse interessiert der politische Knalleffekt stärker als das eigene Parteiprogramm. Matchentscheidend ist nicht die gesellschaftliche Bedeutung eines Anliegens, sondern das kurzfristige Mobilisierungspotential. Mit dem Schlagwort Rentenklau und dem Feindbild Abzocker lässt sich eine Abstimmungen über den BVG-Umwandlungssatz, nicht aber eine Zukunft in Selbstbestimmung und Selbstverantwortung gewinnen. Eine verantwortungsvolle Politik widersetzt sich dieser Kurzatmigkeit und bringt den Mut auf, populistischen Forderungen entgegenzutreten.
Mut, Nein zu sagen
Auch in der politischen Auseinandersetzung geht es letztlich nicht um schöne Worte, sondern um Franken und Rappen. Der Kampf um finanzielle Privilegien gehört ebenso zur Demokratie wie die Wahl in politische Ämter. Die professionelle Anspruchs-Bewirtschaftung ist die Königsdisziplin einer auf Umverteilung fokussierten Politik. Geschenke erhalten nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Leben die Freundschaft. Hier einige Millionen für die Milchbauern, dort eine Subvention für ein alternatives Kino und für alle die Garantie eines Poststellennetzes aus dem 19. Jahrhundert. Diese Bewirtschaftung quasilegitimer und oft marginaler Ansprüche überfordert unser Gemeinwesen. Es braucht daher unseren Mut, zu dieser Anspruchshaltung statt „Yes, we can!“ zu sagen: „No, we don’t“.
Mut statt Wut
Jedes politische Engagement bewegt sich im Spannungsfeld von kurzfristigen Interessen und langfristig angelegter Politik. Für die verschiedenen Akteure der politischen Willensbildung gelten dabei unterschiedliche Prioritäten. Politische Parteien, die sich über Wahlerfolge definieren, werden die kurzfristige Optik stärker gewichten. Interessenverbände dagegen versuchen, die langfristige gesellschaftliche Entwicklung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Für alle Beteiligten gilt jedoch, dass eine zukunftsfähige Politik nicht negative Emotionen wie Wut, Angst und Neid bewirtschaftet, sondern sich der inhaltlichen Auseinandersetzung stellt. „Wo der Verstand aufhört, beginnt die Wut“, so der Dalai Lama. Politik mit Verstand heisst: Mut statt Wut.