„Für eine kluge und kohärente Aussenpolitik“ habe sich der Nationalrat mit der Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts und mit dem Ja zu den neuen Kreditvereinbarungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Euro-Stabilisierung entschieden, freute sich zum Beispiel die CVP: „Stabile soziale und wirtschaftliche Verhältnisse im Ausland bringen der Schweiz nicht nur gute aussenpolitische Beziehungen, sondern auch direkte wirtschaftliche Vorteile.“ Die unterlegene SVP bedauerte, das Parlament sei währungs- und finanzpolitische Risiken eingegangen. Der Nationalrat habe nicht den Mut aufgebracht, die folgenschweren Garantieleistungen dem Volk zum Entscheid vorzulegen. Die Schweiz erhöht also ihre Beteiligung an den IWF-Mitteln um 18 Milliarden Franken. Der IWF selber muss seine Garantievereinbarungen wegen der Finanz- und Schuldenkrise von 50 auf 550 Milliarden Franken aufstocken.
Ohne Angst vor Risiken
„Wenn alle rundherum untergehen, würde auch die Schweiz von den Fluten erfasst“, schilderte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Euro-Krisenlage. Seit 1992 ist die Schweiz IWF-Mitglied und bei dessen Kreditlinien dabei. Und seit fast zwei Jahrzehnten hat die Schweiz dabei keinen Rappen verloren. Diese UNO-Sonderorganisation bezweckt die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Währungspolitik, die Ausweitung des Welthandels, die Stabilisierung von Wechselkursen, die Kreditvergabe oder die Überwachung der Geldpolitik. Insgesamt steht das neue finanzielle Sicherungsnetz für Krisen im Zentrum, die eine Gefährdung des internationalen Währungs- und Finanzsystems bedeuten könnten.
Die FDP unterstützte die Kreditzusage, weil sie die Position der Schweiz im Wettbewerb um den IWF-Sitz stärkt. Sollte die Schweiz jedoch an Einfluss oder gar den Sitz verlieren, müssten die Konsequenzen gezogen werden: Alle Optionen, auch der Austritt aus dem IWF,
müssten ernsthaft geprüft und die offenen Kredite ganz oder teilweise zurückgefordert werden.
Grosszügig bei der Entwicklungshilfe
Zum Einstieg in die IWF-Milliardendebatten hatte der Nationalrat (wie zuvor der Ständerat) die Rahmenkredite für die Entwicklungshilfe ungekürzt gutgeheissen. Vor zwei Jahren verlangten die Räte vom Bundesrat, die Entwicklungshilfe befristet bis 2015 auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen. In einem ersten Schritt wurde nun die Entwicklungshilfe für 2011 und 2012 um total 640 Millionen Franken aufgestockt.
Die Gegner der Erhöhung bezweifelten den Nutzen der Entwicklungshilfe und machten finanzpolitische Bedenken geltend. Die Befürworter argumentierten, angemessene Entwicklungshilfe sei ein Gebot der Solidarität für ein wohlhabendes Land, liege aber auch im Eigeninteresse der Schweiz. Einen Antrag, die Hilfe lediglich auf 0,45 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen und die Aufstockung so um 178 Millionen Franken zu kürzen, lehnte der Rat ab. Der Nichteintretensantrag der SVP blieb erst recht chancenlos.