Der Finanzplatz im Umbruch

 

Peter Briner, Ständerat, SH

 

Der Schweizer Finanzplatz ist ein Hauptpfeiler unserer Volkswirtschaft. Er trägt einen wesentlichen Anteil zur Wertschöpfung und damit zum Wohlstand unserer Bevölkerung bei. Deshalb sind Massnahmen zur langfristigen Stärkung seiner Wettbewerbsfähigkeit und des Standorts Schweiz zentral.

 

 

Der Bundesrat hat mit seiner Finanzmarktstrategie erste Massnahmen konkretisiert. Die Parteileitung der FDP ergänzt diese als Diskussionsgrundlagen für eine Weissgeldstrategie. Stichworte sind Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nach OECD-Standard, Abgeltungssteuer, Neuverhandlung des Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU, Klärung bzw. Neudefinition der Abgrenzung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, Aufbau einer Verteidigungslinie zum Schutz des Bankgeheimnisses und gegen einen automatischen Informationsaustausch.
Da liegt in der Tat viel Zündstoff drin. Doch Strategien entwickelt man sinnvollerweise unaufgeregt, mit kühlem Kopf, offenem Visier und nicht mit „Blick zurück“. So lassen sich auch Vorurteile überwinden.

 

Das Fürstentum Liechtenstein hat es vorgemacht. Nach Jahren vielfältiger internationaler Angriffe als Steueroase geniesst es heute – nach seinem Bekenntnis zu einer Weissgeldstrategie – wieder einen ausgezeichneten Ruf als moderner, sauberer Finanzplatz und ist damit sehr erfolgreich.


Die zentrale Frage, die es zu beantworten gilt, ist: was liegt in unserem Landesinteresse? Ist es in unserem Landesinteresse, weltweit und von allen Seiten als Hort von Steuerflüchtlingen, Steuerbetrügern und –hinterziehern zu gelten und als solche stigmatisiert zu werden? Gesetzesinitiativen in andern Ländern, die es auf solche „Steueroasen“ abgesehen haben, müssen zu Befürchtungen Anlass geben, dass diese den Handel und Finanztransaktionen mit unserm Land mit seinen internationalen Firmen unnötig erschweren würden. Unsere so stark auf den Aussenhandel ausgerichtete Wirtschaft braucht wieder klare, anerkannte Grundlagen, wie sie z.B. auch mit den revidierten und nach OECD-Standard ausgelegten DBAs geschaffen werden. Sie braucht auch den Goodwill internationaler Märkte, auch der Finanzmärkte. Dies liegt in unserem Landesinteresse!


Wenn nun unter definierten Voraussetzungen „die wiederholte, absichtliche und schwere Steuerhinterziehung“ als Delikt geahndet werden soll, weil ihr Unrechtsgehalt jener des Steuerbetrugs entspricht“, sehe ich dahinter nichts Verwerfliches und auch keine Abkehr vom Bankgeheimnis. Die Gegenfrage müsste ja lauten: weshalb wollen wir mit Zähnen und Klauen „wiederholte, absichtliche und schwere Steuerhinterziehung“ verteidigen? Das verstünde im Ernst kein ehrlicher Mensch! Dazu gibt es auch aus Kreisen der Banker prominente Zeugen. Die Behauptung, die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug würde mit dieser Strategie abgeschafft, ist übrigens schlichtweg falsch. Es geht um eine Klärung oder Neudefinition der Abgrenzung und nicht um die Kriminalisierung von jemandem, der einen Beleg vergessen hat. Nicht einzusehen ist auch, weshalb eine solche Neudefinition zu einer Beweislastumkehr führen soll, wie dies da und dort zu hören ist. Die schwierige Situation, in der wir uns befinden, ist leider von – ich sage mal – unvorsichtigen Banken losgetreten worden. Diese müssen daran interessiert sein, den Bankenplatz zu retten und zwar mit einem Bankgeheimnis, das verstanden werden kann und nicht den Ruch in sich trägt, Straftatbestände zu decken. Mit einem Bankgeheimnis also, das wieder „salonfähig“ ist.


Die Welt ist in Bewegung. Und wenn sich die Schweiz nicht auch bewegt, werden wir abgehängt. Wir müssen den internationalen Fokus zurück auf die Schweiz und auf unsere exzellenten Leistungen lenken. Stabile politische Verhältnisse, stabile Währung, Fleiss, Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit, Rechtsstaatlichkeit, Bescheidenheit in Wirtschaft und Politik. Das sind die Werte, die wir pflegen und einer sich verändernden Welt vorleben wollen.