Bringen mehr Ferien, was sie kosten?

 

geschrieben von -ll-

Ferien gehören zur Arbeitswelt, und in dieser Arbeitswelt tragen sie zur Lebensqualität bei. Zudem zählen sie für einen grossen Teil der Erwerbsbevölkerung, nämlich für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zu den verbrieften Rechten. An deren Basis steht das gesamtschweizerische öffentliche Recht, das einen jährlichen Mindestferienanspruch von 4 Wochen (5 Wochen unterhalb des 20. Altersjahres) verbürgt. Dazu kommen gesetzliche Feiertage sowie sozialpartnerschaftliche, zumeist gesamtarbeitsvertragliche Normen und darüber hinaus oft noch individuelle Vereinbarungen. Das ist eine solide Ordnung nach bewährtem Mass.

 

 

Unzufrieden mit diesem Mass ist die Gewerkschaft „Travail suisse“ als Urheberin der Volksinitiative „6 Wochen Ferien für alle“, die am 11. März zum eidgenössischen Urnenentscheid kommt. Nach dem Wortlaut des Begehrens geht es um „bezahlte Ferien von jährlich mindestens sechs Wochen“ für die Gesamtheit der Arbeitnehmenden. Diese Mindestnorm soll Verfassungsrang haben. Ist das zweckmässig?

 

Wer diese Frage bejaht, engt die arbeitsvertragliche Freiheit ein und befürwortet eine schematisch aufgeblähte Ferienordnung. Der Raum für Differenzierungen wird enger, sowohl für die Sozialpartnerorganisationen als auch für persönliche Arbeitsverhältnisse. Untermauert werden solche grundsätzlichen Bedenken durch praktische Erwägungen, und es ist kein Zufall, dass man dabei vor allem an die klein- und mittelbetriebliche Struktur von grossen Teilen der schweizerischen Wirtschaft denkt. Die KMU-Personalbestände sind ja oft zu knapp, als dass sich zusätzliche Absenzen auffangen oder durch Ad-hoc-Stellvertretungen ausgleichen liessen. Daraus können Umatzeinbussen oder neue Arbeitskosten entstehen. Der Arbeitsproduktivität würde ebenfalls nicht gedient. Da das schweizerische Lohn- und Personalkostenniveau ohnehin hoch ist - an sich ein erfreuliches Zeichen unseres Wohlstandspegels - drohen allenfalls auch Verlagerungen von Arbeitsplätzen ins Ausland oder ein Ausweichen auf ausländische Waren- und Leistungslieferanten. Umso weniger liesse sich für verlängerte Ferien gleich ein Lohnausgleich gewähren.

 

Gewiss ist von Initiantenseite das Argument zu vernehmen, in zahlreichen europäischen Ländern seien die gesetzlichen Ferienansprüche wie auch die Zahl der offiziellen (bezahlten) Feiertage höher als in der Schweiz. Das mag zutreffen; nur fällt auch auf, dass fast überall in Europa die jährlichen Arbeitseinkommen erheblich unter den schweizerischen liegen. Dieser schweizerische Wohlstandsvorsprung sollte nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Übrigens kennt die Europäische Union, der man ja so oft Zentralismusgelüste vorhält, kein uniformes Ferienrecht. Ein solches braucht auch die Schweiz nicht, jedenfalls nicht über die schon geltende Ordnung hinaus.