Problemfall Staatsnahe Unternehmen

Der Fall Postauto Schweiz AG muss lückenlos aufgeklärt werden. Dahinter steckt aber ein grundlegendes Problem, das ebenfalls adressiert werden muss: Wie gehen die staatsnahen Unternehmen mit der Transformation um, in der sie stecken? Und welche Rahmenbedingungen und Leitplanken geben wir ihnen?
 

Die Schlagzeilen zum aktuellen Skandal um die Postauto Schweiz AG und den buchhalterischen Tricksereien dominieren die Medien zurzeit. Der Fall muss lückenlos aufgeklärt werden. Aber mindestens genauso wichtig ist es, einen Schritt zurück zu machen und das grössere Bild zu betrachten. Was genau führt zu solchem Fehlverhalten? Wo liegen die Gründe hinter den sich häufenden Schlagzeilen zu den staatsnahen Unternehmen wie die Post, Swisscom oder den SBB?

Das Problem ist der Konflikt zwischen den regulatorischen Rahmenbedingungen und der digitalen Transformation dieser Unternehmen. Die übergreifende Herausforderung der staatsnahen Betriebe liegt in der zunehmenden Digitalisierung ihrer Geschäftsbereiche und dem Erodieren ihrer wichtigsten Einnahmequellen aus den traditionellen Geschäftsbereichen. Wie soll die Postfinance ihre ursprüngliche Rolle als Hüterin des Zahlungsverkehrs in der Schweiz wahrnehmen, wenn neue Online-Bezahlsysteme immer beliebter werden? Oder wie soll auf den Zusammenbruch der klassischen Postzustellung reagiert werden? Auf diese Fragen reagieren die staatsnahen Unternehmen immer mehr mit der Suche nach neuen Erträgen in „branchenfremden“ Bereichen. Hinzu kommt die immer stärkere Verschmelzung von unterschiedlichen Märkten. Damit wird die Abgrenzung zwischen klassischen und neuen Tätigkeiten der bundesnahen Betriebe immer schwieriger und führt automatisch zu neuen Konkurrenz- bzw. Konfliktsituationen mit privaten Akteuren. Neben dieser schwierigen Phase der Transformation kommt noch hinzu, dass die regulatorischen Vorgaben teilweise ein unternehmerisch kluges Handeln der staatsnahen Unternehmen erschweren. Dies ist im Fall der Postauto AG offensichtlich geworden, gilt aber genauso für andere Bereiche innerhalb der Post oder vergleichbaren Akteuren.

Mehr unternehmerische Freiheiten – oder doch lieber enge regulatorische Vorgaben?

Es braucht ein Überdenken der heutigen Regulierung von staatsnahen Unternehmen. Dabei müssen wichtige Fragen des Wettbewerbsrechts geklärt werden. Es muss aber auch geklärt werden, wie die strategischen Ziele dieser Unternehmen neu definiert werden sollen. Es darf nicht sein, dass sie einerseits unternehmerische Freiheiten erhalten sollen und gleichzeitig durch regulatorischen Einschränkungen wieder zurückgebunden werden. Wo sind die Grenzen zwischen öffentlich-finanzierter Grundversorgung und freiem Wettbewerb? Wie können gleich lange Spiesse im Markt geschaffen werden? Dazu habe ich letztes Jahr eine parlamentarische Initiative eingereicht: 17.518 – „Wettbewerb mit gleich langen Spiessen“. Und vor allem muss die Frage beantwortet werden, wie Fehlanreize beseitigt werden können, damit solche Fälle wie bei der Postauto Schweiz AG nicht mehr geschehen.

Peter Schilliger