Arbeitszeiterfassung – flexibel und zeitgemäss

 

geschrieben von Karin Keller-Sutter, Ständerätin SG

20160906

 

Seit dem 1. Januar können laut Verordnung des Bundesrates leitende Angestellte von der Erfassung der Arbeitszeit dispensiert werden. Allerdings müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. So muss ein Gesamtarbeitsvertrag vorliegen und der Lohn des Angestellten mindestens 120‘000 Franken betragen. Diese Regelung führt zu einer Ungleichbehandlung der verschiedenen Branchen. Branchenübergreifende Gesamtarbeitsverträge sind nicht überall vorhanden oder eine Branche möchte nur wegen der Arbeitszeiterfassung keinen solchen abschliessen. Auch ist das Lohnniveau von Branche zu Branche verschieden.

 

 


Die Wirtschaftskommission des Ständerates hat mit 10:3 Stimmen nun meiner parlamentarischen Initiative „Ausnahme von der Arbeitszeiterfassung für leitende Angestellte und Fachspezialisten“ zugestimmt. Sie verlangt, dass leitende Angestellte und Fachspezialisten, die ihre Arbeit autonom einteilen, von der Erfassung der Arbeitszeit befreit werden. Dazu muss das aus dem Jahr 1964 stammende Arbeitsgesetz angepasst werden. Eine solche Anpassung ist moderat, berührt sie doch die Höchstarbeitszeit nicht und betrifft nur leitende Angestellte und Fachspezialisten, die ihrerseits Mitarbeitende führen. Diese sind in der Regel gut bezahlt und teilen ihre Arbeitszeit ohnehin selbst ein.


Diese Flexibilisierung, die den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt Rechnung trägt, ist nötig und massvoll. Das Arbeitsgesetz ist geprägt vom Fabrikzeitalter und ist auf dem Hintergrund der modernen Kommunikationsmöglichkeiten nicht mehr zeitgemäss. Dass die Gewerkschaften eine mögliche Änderung als Aushöhlung des Arbeitnehmerschutzes taxieren, ist übertrieben. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, warum eine Person, die über 120‘000 Franken verdient und die in einer Branche mit Gesamtarbeitsvertrag arbeitet, besser vor Burn-out geschützt sein soll, als jene, die diese Bedingungen nicht erfüllen. Aufgrund meiner langjährigen Führungserfahrung weiss ich, dass vielmehr Führungsmängel, unklare Aufträge oder ein schlechtes Arbeitsklima zu psychosozialen Störungen führen.


Viele Kader, Fachspezialisten und KMU leiden unter der bürokratischen Regelung der heutigen Verordnung, die auf einer veralteten gesetzlichen Grundlage basiert. Das Parlament ist gefordert, hier Abhilfe zu schaffen.