Wettbewerb, Qualität und Digitalisierung: Massnahmen zur Eindämmung der steigenden Krankenkassenprämien

Forderungen der FDP in der Gesundheitspolitik

Das Ziel des regulierten Wettbewerbs im Gesundheitssektor ist es, die Qualität der Leistungen zu verbessern und den Kostenanstieg zu bremsen. Es braucht Rationalisierung, aber keinesfalls Rationierung. Ausserdem muss der Vollzugsnotstand behoben werden.

Hierzu müssen die richtigen Anreize gesetzt respektive Fehlanreize beseitigt werden, die Effizienz des Systems ist zu erhöhen, Bürokratie muss abgebaut werden. So können die Qualität der Leistungen verbessert und die Kostenentwicklung gedämpft werden. Der Patient hat das Recht, die Qualität der Behandlungen zu kennen, die von den Gesundheitsdienstleistern erbracht werden. Spitzenmedizin soll dort angeboten werden, wo der Wettbewerb sie am besten und effizientesten sicherstellt, und nicht dort, wo ein Bürokrat sie platziert. Die FDP will echte Wahlfreiheit, die auf Qualitätswettbewerb und Qualitätstransparenz beruht. Wir lehnen Planwirtschaft und Monopole ab.

Unsere Forderungen:

  • Ein echter Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern, welcher sich am Preis, dem Kosten/Nutzen-Verhältnis und an der Qualität orientiert. Zu diesem Zweck werden Indikationsqualität (Angemessenheit und Notwendigkeit medizinischer Eingriffe) sowie Transparenz bei der Gestaltung der Preise und Tarife als massgebendes Kriterium zur Beurteilung von Leistungen definiert.
  • Mehr Eigenverantwortung durch Einbezug der Patienten in die Entscheidung über Gesundheitsleistungen. Es braucht Anreize für ressourcenschonendes Verhalten.
  • Erhöhung des Handlungsspielraums für alternative Versicherungsmodelle (AVM), welche die Wahlfreiheit der Patientinnen / Patienten erhöhen (Anpassung des Leistungskataloges, Mehrjahresverträge, Versorgungsnetze, wählbare Franchisen, mehr Flexibilität bei der Prämiengestaltung).
    • Einführung von «Pay-for-Quality-Modellen» resp. «Value-based-pricing-Modellen» (Kosten-/Nutzen-Betrachtung).
    • Weitere Stärkung und Förderung von integrierten Versorgungsmodellen. Diese müssen auf vertraglichen Vereinbarungen der involvierten Partner beruhen, nicht auf staatliche Vorgaben.
    • Bonus statt Malus: Ermöglichung der Belohnung von Patienten, die eigenverantwortlich handeln und günstigere Anbieter wählen im Rahmen von alternativen Versicherungsmodellen (in Form von individuellen Rabatten bei den Prämien oder Franchisen).
    • Förderung von Prävention, welche die richtigen Anreize für gesundheitsbewusstes Verhalten setzt.
    • Erhöhung der maximalen Franchise
  • Ermöglichung der Vertragsfreiheit in weiten Teilen des Gesundheitswesens, sofern die Versorgungssicherheit gewährleistet ist und der Leistungskatalog überprüft wird. In einem ersten Schritt Umwandlung der Labortarife (Analysenliste) und der Mittel und Gegenstände (Mittel- und Gegenständeliste) in umsetzbare Verhandlungstarife.
  • Transparenz dank Qualitätsrankings und der Pflicht, Patienten über die Behandlungskosten von verschiedenen Behandlungsoptionen zu informieren. Dadurch wird die Eigenverantwortung gestärkt.
  • Erleichterung von Parallelimporten von Medikamenten und medizinischen Produkten: technische Vereinfachungen durch die Zulassungsbehörde Swissmedic, sofern Produkte bereits in Staaten mit vergleichbaren Zulassungssystemen (z.B. EU, USA) zugelassen sind; Die Digitalisierung nutzen, um Normen im Bereich der Verpackungen und Indikationen abzubauen. Zudem sind die Preise bei den Generika auf ein Niveau mit vergleichbaren Auslandpreisen zu senken.
  • Lockerung des Territorialitätsprinzips in Grenzgebieten, um den Wettbewerb zwischen Leistungserbringern zu ermöglichen, sofern Qualität und Patientensicherheit gewährleistet sind.

Es müssen dringend Massnahmen ergriffen werden, um für ein optimales Preis-/Leistungsverhältnis im Gesundheitswesen bei hoher Behandlungsqualität zu sorgen und so die Kostenentwicklung zu dämpfen, damit die Krankenkassenprämien erschwinglich bleiben.

Unsere Forderungen:

  • Rasche Einführung der einheitlichen Finanzierung (EFAS). Die Reform baut bestehende Fehlanreize ab, welche die Verlagerung in den ambulanten Bereich verhindern und die Einführung einer integrierten Versorgung bremsen.
  • Rahmenbedingungen schaffen, damit die Umstrukturierung der Spitallandschaft nicht nur nach Kostenaspekten, sondern nach einem optimalen Verhältnis zwischen Nutzen/Qualität und den Kosten erfolgt. Konkret bedeutet dies unter anderem, dass moderne Tarifsysteme (z.B. Pauschalen, Komplexpauschalen, Einzelleistungstarife) die Qualität in die Preise einbeziehen. Die Umstrukturierung zielt darauf ab, eine integrierte Versorgung anzubieten, indem das Silodenken zwischen den Sektoren überwunden wird und ein digitales Daten-Ökosystem (welches weit über das elektronische Patientendossier hinaus reicht) als Grundlage dient. Die Kantone erarbeiten Konzepte zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Spitalbereich an Stelle einer umfassenden staatlichen Angebotsplanung. Dabei sollen die Kantone im Sinne einer Regionalplanung zusammenarbeiten. Staatliche Eingriffe in das System erfolgen nur bei drohender Unterversorgung.
  • Konzentration von teuren und hochspezialisierten Angeboten, um mittels ausreichender Fallzahlen und hoher Qualität effektivere und insgesamt kostengünstigere Lösungen zu erreichen. Leistungsaufträge sollen mit transparenten Auswahlkriterien ausgeschrieben werden.
  • Regelmässige Überprüfung der Angemessenheit medizinischer Leistungen mittels operationalisierter WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit) und durch HTA-Verfahren (Health Technology Assessment). Einstellung der Erstattung resp. Preisreduktion bei nicht WZW-konformen Leistungen.
  • Gesundheitsdienstleister, die die Bedingungen der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht erfüllen, ermitteln und sanktionieren.
  • Echte Digitalisierung der Gesundheitsversorgung, die Folgendes sicherstellt:
    • Daten schnell triagieren und nutzen
    • Administrative Aufwände vereinfachen
    • Transparenz und Effizienz im System erhöhen
    • Vergleichbarkeit der Leistungserbring ermöglichen
    • Integrierte Versorgung realisieren
    • Ökosystem für Daten, das Forschung und Innovation vorantreibt
  • Beseitigung von Fehlanreizen bei den Vertriebsmargen für Abgabe von Medikamenten: Eine Ärztin oder ein Apotheker, die ein teureres Produkt abgeben, verdienen mehr (Fehlanreiz).
  • Schaffung von Anreizen im System zur Intensivierung und Attraktivitätssteigerung der Ausbildung des medizinischen und pflegerischen Personals. Gleichzeitig ist eine Verakademisierung zu verhindern, nach dem Prinzip: Das richtige Personal am richtigen Ort.
  • Festlegung eines vorläufigen Tarifs für von Swissmedic zugelassene Heilmittel und Medikamente, um den sofortigen Zugang der Patienten zu innovativen Behandlungsmethoden zu gewährleisten. Die ausgehandelten Preise müssen dann rückwirkend angewendet werden.  

Der Bundesrat wird beauftragt, eine Änderung der Rechtsgrundlagen vorzulegen, die für die Einführung von Krankenversicherungsmodellen mit sehr niedrigen Prämien erforderlich ist. Diese Modelle sollen sich selbst finanzieren und unter anderem ermöglichen, dass mehrjährige Versicherungsverträge, fallbezogene Franchisen, höhere Franchisen, die Einführung der Vertragsfreiheit im stationären und im ambulanten Bereich in der ganzen Schweiz, eine Reduktion des Leistungskatalogs für bestimmte Teile (z. B. Komplementärmedizin, obligatorischer Bezug von Generika) oder der breitere Einsatz von digitalen Hilfsmitteln vorgesehen werden können.

Begründung

Die Entwicklung der Gesundheitskosten und damit auch der Krankenversicherungsprämien belastet zunehmend das Budget von Haushalten und Familien der Mittelschicht, die weder finanzielle Unterstützung erhalten noch ein hohes Einkommen haben.

Das Schweizer Gesundheitssystem ist von so hoher Qualität, dass es als luxuriös bezeichnet werden kann. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung könnte sich jedoch freiwillig mit einem Versicherungsschutz nur für schwere Fälle oder mit der zeitlichen oder geografischen Einschränkung der erstatteten Leistungen zufriedengeben oder wäre sogar bereit, bestimmte Behandlungen, bei nachgewiesener Qualität der Leistungen, im Ausland in Anspruch zu nehmen. Die Tatsache, dass sich bereits heute fast drei Viertel der Bevölkerung für ein alternatives Versicherungsmodell entscheiden, belegt die Nachfrage und unterstreicht den Handlungsbedarf.

Die vorliegende Motion zielt darauf ab, die Wahlfreiheit zu stärken und eine Alternative anzubieten, die den Bedürfnissen derjenigen entspricht, die im Durchschnitt nur sehr wenige Leistungen in Anspruch nehmen, aber ein sehr teures Gesundheitssystem mittragen müssen. Die vorgeschlagenen Modelle würden sich selbst finanzieren und die Solidarität, die sich aus der Versicherungspflicht ergibt, würde nicht verringert.

Solche Modelle hätten auch den Vorteil, dass sie die Innovation im Gesundheitswesen anregen und einen gesunden Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern fördern würden.

Unsere Motion