Keine Experimente, erst recht nicht nach Corona
Im September stimmen wir über die Kündigungsinitiative der SVP ab. Die Initianten geben dem Bundesrat genau ein Jahr Zeit, um mit der EU über die Beendigung der Personenfreizügigkeit zu verhandeln. Gelingt dies nicht, muss der Bundesrat das Abkommen innerhalb von 30 Tagen einseitig kündigen. Aufgrund der Guillotine-Klausel führt die Kündigung der Personenfreizügigkeit zum Ende aller Abkommen der Bilateralen I – mit weitreichenden Folgen. Die Bilateralen I sind heute das Kernstück der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU. Die EU ist mit Abstand unsere wichtigste Handelspartnerin. Mehr als die Hälfte des Schweizer Aussenhandels läuft über die EU und rund 65% unserer Importe beziehen wir aus der EU. Unsere guten Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten in ohnehin wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu gefährden, ist fahrlässig. Ein solches Experiment können wir uns schlicht nicht leisten.
Innovation stärken
Eine starke Schweizer Wirtschaft ist auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Die Personenfreizügigkeit ermöglicht unseren Unternehmen einen unbürokratischen Zugriff auf hochqualifiziertes Personal. Die Corona-Krise hat uns eindrücklich vor Augen geführt, wie wichtig Fachkräfte beispielsweise im Gesundheitsbereich sind. Die Schweiz ist zudem stark, weil sie ein global führender Forschungsstandort ist. Mit der Kündigungsinitiative droht der Verlust einer internationalen Vernetzung von Bildung, Forschung und Innovation. Die Personenfreizügigkeit funktioniert aber nicht nur von der EU in Richtung Schweiz, sondern auch in die Gegenrichtung. Die Initiative nimmt uns die Freiheit weg, überall in Europa zu lernen, zu leben und zu arbeiten.
Lohnschutz garantieren
Die Argumentation, dass ohne bilaterale Verträge unsere Löhne und Arbeitsbedingungen besser werden, ist schlichtweg falsch. Das Ende der Personenfreizügigkeit bedeutet auch das Ende der flankierenden Massnahmen. Fallen diese Lohnschutzmassnahmen weg, steigt der Druck auf die Löhne – und zwar für alle Arbeitnehmende. Sinken die Löhne im Baugewerbe, in der Gastronomie oder im Dienstleistungsbereich, kommt das gesamte Lohngefüge ins Rutschen, andere Branchen würden folgen. Mehr denn je brauchen wir zukunftsgerichtete Massnahmen statt Scheinlösungen: Gezielte Aus- und Weiterbildungen, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ausreichende Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose. Genau solche Massnahmen hat die SVP im Parlament immer abgelehnt.
Richtiger Umweltschutz statt Isolation
Auch die Umweltargumentation der SVP ist unglaubwürdig. Ob ein Arbeitnehmender in Baden-Württemberg oder im Baselland lebt, spielt keine Rolle, denn er verbraucht so oder so Strom, Energie und Ressourcen. Für die Umwelt und das Klima gibt es keine Grenzen.
Kontakte:
› Andrea Caroni, Ständerat FDP (AR), +41 79 688 96 50
› Elisabeth Schneider-Schneiter, Nationalrätin CVP (BL), +41 79 702 86 64
› Samira Marti, Nationalrätin SP (BL), +41 79 128 78 35
› Michel Matter, Nationalrat GLP (GE), +41 79 285 34 38
› Marianne Streiff-Feller, Nationalrätin EVP (BE), +41 79 664 74 57
› Lorenz Hess, Nationalrat BDP (BE), +41 79 356 59 26
› Balthasar Glättli, Nationalrat Grüne (ZH), +41 76 334 33 66