Die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral werden. Um den CO2-Ausstoss zu senken, sind alle möglichen Massnahmen auszuschöpfen. Dazu gehört auch die Nutzung der ganzjährig anfallenden Wärme und Abwärme etwa aus Kehrichtverbrennungsanlagen, industriellen Prozessen, Rechenzentren oder Geothermieanlagen. Diese Wärme verpufft im Sommer ungenutzt, da eine Zwischenspeicherung für die Wintermonate aufgrund der aktuellen Gewässerschutzordnung sowohl im Grundwasser wie auch im Untergrund stark eingeschränkt ist. Dabei würde eine saisonale Wärmespeicherung wesentlich zur Verminderung des CO2-Ausstosses beitragen und den zusätzlichen Winterstrombedarf um bis zu 3 Terawattstunden (TWh) oder bis zu 30 Prozent reduzieren.
Trink- und Grundwasser differenzieren
Im Untergrund können grosse Wärmemengen eingespeichert und ein Grossteil der eingespeicherten Energie rückgewonnen werden. Die grossen Volumina zusammen mit der hohen Wärmekapazität von Wasser sind die Einspeichermengen nahezu beliebig gross. Dabei ist zu beachten, dass auch die Speicherung von Kälte je nach Anwendung von Bedeutung ist und gleichzeitig zur aktiven Regeneration des Untergrundes beiträgt. Die Möglichkeit dieser Speicherformen sind in der Schweiz nicht mal ansatzweise ausgeschöpft.
Die gültige Gewässerschutzverordnung legt fest, dass sich die Grundwassertemperatur aufgrund von Wärmeeintrag respektive Wärmeentzug nicht mehr als 3 Grad verändern darf. Sie wurde in den 1970er-Jahren eingeführt. Die Verordnung differenziert aber nicht zwischen Trinkwasser und Grundwasser.
Daher habe ich im Juni dieses Jahres eine Motion eingereicht, die fordert, dass das geothermische Potenzial des Untergrunds einschliesslich saisonaler Wärmespeicherung optimal genutzt werden kann und höhere Temperaturdifferenzen zulässt.
Andere Länder sind flexibler
Mit der beantragten Änderung wird das Trinkwasser wie bisher weiterhin geschützt. Hingegen soll Grundwasser, das nicht als Trinkwasser in Frage kommt, thermisch genutzt werden können. Dies gilt insbesondere für Grundwasser in mittleren und grossen Tiefen. Dieses Grundwasser kann aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung nicht als Trinkwasser genutzt werden.
Im internationalen Vergleich ist der Temperaturgrenzwert in der Schweiz äusserst tief. So kennen zum Beispiel Österreich, Frankreich, Deutschland und Grossbritannien eine Limite von 6 Grad bis 11 Grad Celsius. Einige europäische Länder erlauben vorübergehende Temperaturschwankungen bis zu 23 Grad Celsius.
Matthias Samuel Jauslin, Nationalrat AG