Ein Vergleich mit Kanada
Zum Vergleich ziehe ich die Situation in Kanada heran, dem Land, wo ich drei Jahre gelebt habe. Kanada hat als erstes Land 1971 die multikulturelle Vielfalt zum Staatsprinzip gemacht und dies mit dem Canadian Multiculturalism Act 1988 bekräftigt. Toronto ist denn auch die völkermässig bunteste Stadt, die ich je gesehen habe. Menschen aus 140 Nationen, die 100 verschiedene Sprachen sprechen, leben hier, ohne dass es deswegen zu grösseren Spannungen kommt, wie der Bürgermeister betont. Kanada gewährt allen Einwanderern gleiche Rechte und Möglichkeiten, ungeachtet ihrer Rasse, Kultur, Volkszugehörigkeit und Religion, und fordert geradezu dazu auf, die eigene Identität zu bewahren und die angestammte Kultur weiter zu pflegen. Diese Akzeptanz führe zu einem Gefühl von Sicherheit und Selbstvertrauen, was die Bereitschaft stärke, sich den kanadischen Normen und Gesetzen unterzuordnen, aber auch wiederum anderen Kulturen mit Respekt zu begegnen. So offen sich das Land gegenüber Einwanderern gibt, so restriktiv ist es allerdings auch im Immigrationsbereich. Antragssteller müssen mindestens 67 von 100 möglichen Punkten in den sechs unterschiedlich gewichteten Kriterien Ausbildung (25), Englisch- oder Französischkenntnisse (24), Arbeitserfahrung (21), Alter (10), gesicherte Anstellung (10) und Anpassungsfähigkeit (10) erreichen und klar definierte finanzielle Mittel nachweisen, um sich bis zu einer Anstellung selber über die Runden zu bringen. Zusätzlich zu Facharbeitern wird auch Investoren und Unternehmern, die klare Anforderungen erfüllen, die Einwanderung gewährt. Wer dann mal da ist, gilt als wertvoller Stein im bunten Mosaik der multikulturellen Gesellschaft, mit gleichen Rechten und Pflichten, aber ohne Druck zur Assimilation.
Schweiz: attraktives Einwanderungsland
Nun ist Kanada natürlich in zwei Punkten grundverschieden von den mitteleuropäischen Ländern. Erstens macht die geografisch isolierte Lage die Kontrolle der Einwanderung relativ einfach. Zweitens, und viel entscheidender ist, dass es kaum eine Leitkultur gibt, an die es sich anzugleichen gilt, denn abgesehen von den ureingesessenen Indianervölkern (mit deren Status sich der Staat noch immer schwer tut) ist die Bevölkerung dieses klassischen Einwanderungslandes erst seit wenigen Generationen ansässig und ohnehin schon divers. Dennoch können wir vom kanadischen Ansatz lernen, denn ob es uns gefällt oder nicht, ist auch die Schweiz aufgrund der demografischen Entwicklung und der Internationalisierung der Märkte zu einem attraktiven Einwanderungsland geworden.
Qualität kommt vor Quantität
Wir können nicht jedem Einwanderungswilligen eine Heimat bieten. Unsere Wirtschaft braucht aber mehr ausgewiesene Fachkräfte als wir ausbilden. Die Einwanderungspolitik muss sich also nach den beruflichen Qualifikationen richten. Hier sind klare Kriterien gefordert
- Fördern und Fordern
Wir offerieren Einwanderern Angebote, die ihnen unsere Kultur und Normen näherbringen, und fördern den Austausch zwischen den Kulturen zur gegenseitigen Bereicherung. Im Gegenzug fordern wir aber klar, dass Ausländer diese Chancen auch nutzen und unsere Gesetze achten und befolgen. - Offenheit und Respekt
Offenheit, Respekt und eine Prise Toleranz erwarten wir von den Ausländern, ermöglichen es aber auch uns Einheimischen, die Zugewanderten als Bereicherung zu erleben und das Zusammenleben fruchtbar zu gestalten. - Hart aber fair
Wenn alles Fördern und Fordern nichts bringt und der Respekt vor unseren Gesetzen fehlt, werden Massnahmen nötig. Somit schliesst sich der Bogen zur bevorstehenden Abstimmung über die Ausschaffungsinitiative, dem aktuellen Thema in der Ausländerdiskussion. Der Gegenvorschlag zur Inititative ermöglicht die konsequenten Schritte und verdient unsere Unterstützung.
Deshalb Ja zum Gegenentwurf und Nein zur Ausschaffungsinitiative am 28. November