Der Koffer gepackt, den Impfausweis gefunden, das Einreiseformular ausgefüllt – der Reise in die Hauptstadt Polens stand nichts mehr im Weg. Der erste Tag war geprägt vom Thema «Organizing». In knapp drei Stunden wurde uns gezeigt, wie man erfolgreich eine Gruppe von freiwilligen Wahlkampfhelfern mobilisiert, motiviert und koordiniert. Immer wieder wurde dabei auf das Schneeball-System beim Akquirieren von Freiwilligen verwiesen. Es ist erfolgsversprechender, wenn man gezielt einzelne Personen anspricht und motiviert, so dass diese ihren Freundeskreis mitziehen. «Someone has to show how to take action» - Man soll als inspirierendes Vorbild agieren.
Daneben lag der Fokus auch auf das Adaptieren von neuen Techniken und wie man es richtig bzw. falsch macht. Besonders der Door-to-Door Wahlkampf war hier ein Thema. So meinte ein Teilnehmer, dass dieser in seinem Land nicht funktionieren werde, da die Kultur gänzlich eine andere sei. Diese Befürchtung wurde sogleich aus der Welt geschafft: Es gibt keine Situation, in der die Kultur persönliche Begegnungen im Wahlkampf verhindert. Die Kunst liegt darin, das Instrument an die lokalen Gegebenheiten anzupassen.
Corona und der Digitalisierungsschub
Der nächste Tag startete gleich mit zwei praktischen Beispielen. Die norwegische Partei «Venestre» und die rumänische «USRPLUS» referierten über ihren erfolgreichen Wahlkampf während Corona. Besonders der Fortschritt von digitalen Aspekten war prägend. Die Norweger führten zum ersten Mal digitale Meetings durch und in Rumänien setzt man vermehrt auf einen Whatsapp-Wahlkampf. Die Krise wurde als Chance genutzt und neue Techniken entwickelt, erfolgreich angewendet und beibehalten. Trotzdem wurden auch auf die herkömmlichen Instrumente nicht verzichtet: Flyer, Door-to-Door und Standaktionen.
Freiwillige Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer sind das A. und O. eines Wahlkampfes. So fand ein Workshop statt, mit Tipps und Tricks Personen zu finden, Schlüsselpositionen übernehmen zu lassen und diese zu führen. Denn einer allein kann nicht erfolgreich eine ganze Truppe führen, zu aufwändig ist der organisatorische Aufwand. Schlussendlich benötigt man aber Energie, richtiges Gespür und Empathie.
Die PS auf den Boden bringen
Am eindrücklichsten waren die Gespräche mit dem Vertreten der anderen Parteien. Ich erklärte dabei mehrmals, wie unser Föderalismus funktioniert und worüber wir als Nächstes abstimmen. Was mir aber deutlich vor Augen geführt wurde ist, dass die FDP Schweiz im internationalen Vergleich gut aufgestellt ist. Die Finnen haben Mühe mit der Zweisprachigkeit, die Belgier mit den unterschiedlichen Kulturen und die Österreicher mit den eigenen Leuten. Die PS sind bei uns vorhanden, wir müssen sie nur richtig auf den Boden bringen.
Verschiedene Länder, verschiedene Herausforderungen
Im Workshop «Social Media & Kommunikation» ging es um den Austausch mit Vertretern anderer Länder und wie ihre Parteien die verschiedenen Kommunikationskanäle nutzen. Auffallend war, dass es in allen Ländern verschiedene Herausforderungen gibt. Manche haben zu wenig Zeit, alle Kanäle zu verwalten, andere haben Mühe, ihre Parlamentarier für Aktivitäten zu motivieren. Auch die FDP wirkt auf die anderen Parteien wie ein Alien, wenn wir erklären, dass wir mit zwei oder drei Sprachen jonglieren und das stets berücksichtigen müssen.
Wiederkehrendes Thema im Workshop war die Wichtigkeit von Storytelling sowie Inhalten und deren Verbreitung auf verschiedenen Kanälen. Da die Ressourcen nicht unendlich sind, ist es wichtig, Inhalte auf verschiedenen Kanälen zu nutzen. Während für uns Messengerdienste wie Telegram, Whatsapp und Threema grosses Potenzial für die politische Kommunikation haben, setzten andere Parteien verstärkt auf Instagram. Unbestritten ist, dass Audio, Video und Bilder wichtige Ausgangspunkte für Inhalte.
Philipp Gasser, Mitarbeiter Wahlkampf / Campaigner
Arnaud Bonvin, Kommunikationschef