2020 war auch das Jahr, in dem Homeoffice einen mehr oder weniger freiwilligen Boom erlebte. Im Frühling während des ersten Lockdowns waren beispielsweise mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor im Homeoffice. Dieser Wert sank den Sommer hindurch und stieg im Herbst im Zuge der zweiten Welle wieder. Die meisten Betriebe, wo Homeoffice sinnvoll praktiziert werden kann, haben sich denn auch längst organisiert. Dort bestehen Konzepte, die funktionieren.
Wo Homeoffice bis heute nicht umgesetzt wird, gibt es gute Gründe dafür, nicht zuletzt entspricht dies oft auch dem Wunsch der Arbeitnehmer, die sich nicht imstande sehen, zu Hause effizient zu arbeiten. Dies etwa, weil sie eine kleine Wohnung haben, wegen anderer Personen im Haushalt nicht ungestört arbeiten können, oder ihnen schlicht zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. Es werden anstelle von Homeoffice andere Schutzmassnahmen umgesetzt, welche ebenso zielführend sind. Dazu gehören die Umgehung der Stosszeiten im ÖV, Maskentragen am Arbeitsplätz oder Trennwände in Büros.
Handlungsbedarf ist somit in diesem Bereich nicht gegeben. Im Gegenteil, einmal mehr würde durch eine staatliche Massnahme eine funktionierende sozialpartnerschaftliche Lösung übersteuert.
Für zwei Drittel ist Homeoffice keine Option
Die Einführung einer allgemein gültigen Homeoffice-Pflicht führte zu einem administrativen Aufwand, der total unverhältnismässig wäre, und zwar sowohl auf Seiten der Wirtschaft als auch – und dies gilt es nicht zu vergessen – der öffentlichen Hand. Letztere ist zuständig für die Kontrolle der Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorgaben. Eine Homeoffice-Pflicht ist indessen weder durchsetzbar noch kontrollierbar. Arbeitsverhältnisse sind unterschiedlich, oft auch innerhalb von Branchen. Zudem gibt es zahlreiche Graubereiche. Schätzungsweise nur rund 30% aller Jobs eignen sich überhaupt fürs Homeoffice. Bäcker, Lehrer, Schreiner und Verkaufspersonal sind nur einige Beispiele, die nicht ins Homeoffice ausweichen können. Diesen Berufsgruppen gegenüber ist es nicht sehr fair, wenn sich alle anderen in die eigenen vier Wände verkriechen.
Eine generelle Homeoffice-Pflicht würde also viele ungeklärte Fragen nach sich ziehen. Dazu gehört auch jene nach den Kosten. Sofort würden Forderungen nach Entschädigungen für Arbeitsplatz, technische Infrastruktur etc. gestellt werden. Höhe und Umfang solcher Kosten sind völlig offen. Aus Sicht der Wirtschaft ist indessen klar, dass die Kosten einer staatlich verordneten Homeoffice-Pflicht auch von der öffentlichen Hand zu tragen wären, sicher jedoch nicht von der Arbeitgeberschaft. Auch hier gilt jedoch, dass bereits vielerorts zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf freiwilliger Basis Lösungen gefunden wurden.
Regine Sauter, Nationalrätin ZH