Das erwähnte Waldgesetz wurde im Nachgang zu grossen Unwetterkatastrophen erlassen, welche verheerende Auswirkungen hatten, weil der Boden durch extensive Rodungen destabilisiert worden war. Dadurch war auch der Bau von wichtigen Infrastrukturen wie Eisenbahnen gefährdet. Ein gesunder Wald schützte deshalb nicht nur vor Katastrophen, sondern sicherte auch die Transportwege, was zum wirtschaftlichen Fortschritt beitrug.
Dieses Beispiel zeigt einige Punkte, die wir uns bei der aktuellen Diskussion rund um die Positionierung der FDP im Thema Umwelt und Klima vor Augen führen sollten:
1. Umweltpolitik gehört historisch gesehen zur DNA der FDP. Denn wenn wir über eines unserer Kernanliegen - die “Generationengerechtigkeit” - sprechen, dann geht es nicht nur um die Finanzierung der Sozialwerke und ausgeglichene Staatshaushalte, sondern auch um eine intakte Umwelt.
2. Umweltpolitik ist Wirtschaftspolitik, denn Prävention zahlt sich auch wirtschaftlich aus. Gerade im Thema Klimaschutz zeigen zahlreiche Studien: Nichts kostet mehr, als nichts zu tun.
3. Es braucht klare gesetzliche Rahmenbedingungen, wie im Fall des Waldgesetzes manchmal auch mit Verboten. Aus heutiger Sicht macht das Rodungsverbot Sinn, denn es legte den Grundstein für Aufforstungen, die noch heute für Schutz in den Alpen sorgen. Aus damaliger Perspektive war es jedoch ein Eingriff in die Gewerbefreiheit.
Gleichgewicht zwischen Freiheit und Regulierung neu finden
Wir Liberale tun uns schwer, Einschränkungen der Freiheit zu akzeptieren – zu Recht, denn Freiheit muss immer wieder aufs Neue erkämpft werden. Lieber appellieren wir an die Eigenverantwortung, speziell im Bereich der Umweltpolitik. Diese Eigenverantwortung bewegt viel, gerade unter Unternehmern. Unser Familienunternehmen im Oberthurgau realisiert aktuell beispielsweise einen betrieblichen Neubau im Minergie-P Standard, weil wir der Überzeugung sind, dass dies richtig ist. Doch nur auf Eigenverantwortung zu setzen, wird den ökologischen Herausforderungen aufgrund ihrer grossen Tragweite nicht gerecht. Wenn Gemeingüter wie damals der Wald und heute das Klima in Gefahr sind, muss das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Regulierung neu gefunden werden.
Regeln sind unbequem
Klare Regeln zum Schutz der Umwelt mögen einengen – sie sind unbequem. Aber sie legen auch Innovationspotentiale frei: Die Kläranlagen entwickelten sich beispielsweise wegen des Gewässerschutzgesetzes, was dazu beitrug, dass wir heute wieder ohne Bedenken in Flüssen und Seen schwimmen können. Innovation wird auch Bedingung dafür sein, dass wir das Pariser Klimaabkommen umsetzen. Diese Innovation wird stattfinden – die Frage ist jedoch, ob bei uns (mit entsprechender lokaler Wertschöpfung) oder in anderen Weltregionen.
«Die Klimaumfrage ist eine grosse Chance für unsere Partei»
Nicht nur Technologien entwickeln sich laufend weiter, auch für die Gesetzgebung bestehen heute andere Möglichkeiten als 1876. Gefragt sind Regeln, die ein Maximum an Freiheit erlauben. In vielen Fällen sind dies marktwirtschaftliche Instrumente wie Lenkungsabgaben, denn sie erlauben ein freies Marktumfeld bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt. Doch nicht jedes Problem kann mit einem Nagel gelöst werden. Was es aus liberaler Seite deshalb braucht, ist die Offenheit zum Dialog.
Klimaumfrage als grosse Chance
Die Klimaumfrage ist eine grosse Chance für unsere Partei. Eine Chance, wieder vermehrt aufzuzeigen, dass der Schutz der Umwelt ein urfreisinniges und wirtschaftsfreundliches Anliegen ist. Nutzen wir diese Chance an der DV vom 22. Juni und verabschieden wir ein Positionspapier, welches nicht nur ambitionierte Ziele, sondern vor allem auch wirksame, liberale Massnahmen umfasst.
Hier finden Sie die Position für eine liberale Umwelt- und Klimapolitik. Sie wird an der Delegiertenversammlung vom 22. Juni 2019 noch Änderungen erfahren.