Gebietsreformen in der Schweiz: starke Regionen stärken!

 

geschrieben von Christian Egeler (Grossrat BS) und Petra Studer (Landrätin BL)

In der Schweiz hat sich aufgrund ihrer topographischen und sprachlich-kulturellen Vielschichtigkeit ein einmalig kleinräumiges System von Gemein- und Staatswesen entwickelt. Die 26 Kantone und über 2500 Gemeinden verfügen über ein grosses Mass an Autonomie und unterscheiden sich dementsprechend stark. Diese Strukturen stossen heute jedoch an ihre Grenzen, wenn es um die Umsetzung von national oder zumindest regional koordinierten Politikvorhaben geht.

 

 

 

Verstärkte Zusammenarbeit der Kantone

Ausserordentlich stark von dieser Problematik betroffen ist die kantonal verzettelte Nordwestschweiz, welche als Grenzregion zudem auch mit Deutschland und Frankreich aktiv zusammenarbeiten muss. Aus diesem Grund setzt sich die „Vereinigung für eine starke Region Basel / Nordwestschweiz“ schon seit Jahren für eine verstärkte Zusammenarbeit der Kantone AG, BL, BS und SO in verschiedenen Politikbereichen ein. Langfristig gesehen gibt es aber nur eine vernünftige Lösung: im Rahmen einer gesamtschweizerischen Gebietsreform sollte die Umbildung der heutigen 26 Kantone in 8–10 Regionen mit vergleichbaren politischen Strukturen geprüft werden. Der Neuenburger FDP-Ständerat Raphaël Comte hat zu diesem Thema im Juni dieses Jahres bereits ein Postulat eingereicht.

 

Gebietsreform schwächt Föderalismus nicht

Die kantonale Selbständigkeit und damit der schweizerische Föderalismus droht langfristig zu einer Illusion zu verkommen, denn in immer mehr Politikfeldern muss der Bund – teilweise auch aufgrund internationaler Abkommen – Vorschriften erlassen, die im ganzen Land umzusetzen sind. Um zu verhindern, dass der Bund eines Tages das Zepter ganz übernimmt und die Kantone zu Umsetzungsinstanzen und Verwaltungseinheiten degradiert werden, müssen sich die Kantone in ihren Kompetenzbereichen schweizweit oder zumindest regional koordinieren können. Aktuelle Beispiele sind die Harmonisierung der Bildungssysteme (HarmoS), die Schaffung von Gesundheitsregionen oder die Konzentration der Spitzenmedizin auf einzelne wenige Standorte. Durch eine Gebietsreform wird der Föderalismus nicht geschwächt: Mittels eines sinnvollen Zusammenschlusses von Kantonen zu kulturell nachvollziehbaren und wirtschaftlich einflussreichen Regionen können die vielen Vorteile des Föderalismus in der Schweiz nachhaltig gesichert und die Nachteile des Systems – insbesondere die hohen Kosten und die schwerfälligen Entscheidungsprozesse – gemindert werden. Nebst Kantonsfusionen sind auch weitere Modelle zu prüfen, welche eine institutionalisierte Zusammenarbeit nachhaltig fördern.

 

Viele grosse Städte sowie auch Bezirkshauptorte mit Ausstrahlungskraft kennen das Abgeltungsproblem von Zentrumsfunktionen der urbanen Zentren. Dabei ist insbesondere das Thema „Kultur“ zu erwähnen. In der Nordwestschweiz ist diesbezüglich aktuell die Diskussion um die Höhe der Theatersubventionen im Gange: Obwohl ein beträchtlicher Teil der Theaterbesucher aus dem Kanton Baselland stammt, trägt der Kanton im Vergleich zum Stadtkanton einen viel kleineren Anteil des Budgets; eine Erhöhung der Subventionen wird derzeit jedoch mittels eines Referendums bekämpft. Mit einer durchdachten Gebietsreform könnten auch solche Probleme weitgehend entschärft werden, indem die Kosten für Zentrumsleistungen breiter verteilt werden.

 

Keine Steuerharmonisierungen nötig

In diesem Zusammenhang kommen wir auch auf die anstehende Volksabstimmung über die SP-Steuerharmonisierungsinitiative zu sprechen. Hätten wir in der Schweiz anstelle von 26 Kantonen eine Formierung von 8–10 Regionen, die sowohl kulturell als auch volkswirtschaftlich sinnvolle Einheiten bilden, könnte man solchen politischen Forderungen vielleicht den Nährboden entziehen. Denn in einem System von wirtschaftlich homogeneren Regionen und Gemeinden, die ihrerseits gestärkt an einem fairen, gesunden und effizienten Steuerwettbewerb teilnehmen können, gibt es nicht mehr so viel Angriffsfläche. Daher rufen wir Sie dazu auf, am 28. November die SP-Steuerharmonisierungsinitiative klar abzulehnen – dies vielleicht auch im Hinblick auf eine spätere Gebietsreform.