Das Super-Wahljahr 2023 hat aussergewöhnlich früh begonnen. Bereits am 12. Februar wurde die Bevölkerung in den Kantonen Zürich und Baselland an die Urne gerufen, um Regierung und Parlament neu zu besetzen. Für die Parteien und Kandidierenden bedeutete dies einen kurzen, aber intensiven Wahlkampf bei tiefen Temperaturen. Für die Freisinnigen in Zürich und Baselland waren dies immerhin gute Voraussetzungen, das liberale Feuer lodern zu lassen.
Im Kanton Zürich gewann die FDP 0,2 Prozent hinzu und verteidigte die bestehenden 29 Sitze im Kantonsrat. Regierungsrätin Carmen Walker Späh wurde problemlos wiedergewählt, Peter Grünenfelder hingegen gelang es nicht, die Phalanx der Bisherigen zu knacken. Hans-Jakob Boesch, Präsident der FDP Zürich, zeigt sich mit dem Wahlausgang grundsätzlich zufrieden: «Wir konnten unseren Wähleranteil bei höherer Wahlbeteiligung steigern. Das zeigt, dass die Mobilisierung gelungen ist.» So konnte die FDP in absoluten Zahlen klar mehr Wählerinnen und Wähler erreichen als vor vier Jahren (plus 2709 bzw. plus 5,7 Prozent) und hat heute mit 50'456 Wählerinnen und Wählern sogar den Stand von 2015 übertroffen (49'655). Allerdings konnte die FDP nicht in allen Wahlkreisen zulegen, sondern hat teilweise auch Wählerinnen und Wähler verloren. Und die SVP und die SP haben klar besser mobilisiert, als dies die Umfragen vorhergesagt haben, während die neue Protestpartei «Aufrecht/Freie Liste» aus dem Stand 2,15 Prozent Wähleranteil erreichte. «Diese Punkte werde wir im Vorstand und mit den Bezirksparteipräsidien noch genauer anschauen und analysieren, was wir besser machen können und was wir von den anderen lernen können. Ziel ist es, die Mobilisierung weiter zu verbessern und noch mehr Leute davon zu überzeugen, FDP zu wählen.»
Volkspartei FDP
Auffallend an den Kantonsratswahlen war, dass die Polparteien SP und SVP hauptsächlich in den Städten (die SP) und auf dem Land (die SVP) gewonnen haben und im gegensätzlichen Raum verloren haben. «Das macht mir aus staatspolitischer Sicht Sorge», sagt Boesch. Die FDP sei mittlerweile die einzige grössere Partei, die gleichmässig im Kanton vertreten ist. Auch im Kantonsrat präsentiert sich nach den Wahlen eine klare Trennlinie. Die Linke hat eine Mehrheit von nur gerade einer Stimme, was viel Unberechenbarkeit verspricht. «Wir werden der Linke genau auf die Finger schauen. Wenn sie überbordet, sind Referendumsabstimmungen garantiert», kündigt Boesch an.
Zuwachs in Baselland
Auch im Baselbiet lässt sich bilanzieren: Der Einsatz hat sich gelohnt. Im Kanton Baselland legte die FDP um 1 Prozent zu und bleibt souverän drittstärkste Partei im Landrat. Regierungsrätin Monica Gschwind schaffte ungefährdet die Wiederwahl. Ferdinand Pulver, Präsident der FDP Baselland zieht daher ein positives Fazit: «Es ist natürlich schade, dass uns kein Sitzgewinn gelungen ist. Vor vier Jahren hatten wir etwas Proporz-Glück und jetzt konnten wir die 17 Sitze problemlos bestätigen. Das zeigt, dass die Richtung stimmt.» Pulver war es ein grosses Anliegen, dass die FDP persönlich wahrgenommen werde. Ein Wahlkampf nur mittels Social Media und Briefen sei zu wenig. Folglich markierten die Baselbieter Freisinnigen in den Dörfern, Agglomerationen und Kleinstädten des Kantons Präsenz und kämpften um die Gunst der Bevölkerung. «Es braucht Ausdauer, bei tiefen Temperaturen auszuharren und den Kontakt zu den Leuten zu suchen. Doch unsere Kandidierenden und die vielen Helfer haben das toll gemacht», lobt Pulver.
Auch die Wirksamkeit des Engagements war deutlich zu erkennen. In jenen Wahlkreisen, in denen die Ortsparteien einen besonders grossen Effort leisteten, gewann auch die FDP. Für Pulver ist das ein guter Indikator im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen im Oktober: «Das zeigt, dass wir noch ungenutztes Potenzial haben, das wir mobilisieren wollen.»
Marco Wölfli