Ungern aber konkret erinnere ich mich an den Frühling 2020: Im Gleichschritt mit den weltweit steigenden Covid-Fallzahlen mussten innert Kürze sehr einschränkende Schutzmassnahmen verfügt werden, schliesslich der Lockdown. Das gesellschaftliche Leben kam praktisch zum Stillstand, Unternehmen wurden massiv eingeschränkt. Mehrere «Wellen» später verfügen wir über wirksame Impfstoffe und ein international anerkanntes Zertifikat. Es ermöglicht uns, auf Schutzmassnahmen weitgehend zu verzichten. Erst recht gilt das für weitere verheerende Lockdowns.
Zertifikat als Schlüssel zu Freiräumen
Was in der Debatte über die Abstimmung vom 28. November oft vergessen geht: Nach wie vor befinden wir uns in einer anhaltenden Pandemie, grosse Teile der Erdbevölkerung sind noch nicht geimpft und das Virus mutiert weiter. Während in anderen Ländern wieder weitreichende Lockdowns das öffentliche Leben zum Erliegen bringen, können wir «unmaskiert» Sport- und Kulturveranstaltungen und Restaurants besuchen, und wir können international reisen: All das ist möglich – dank dem Covid-Zertifikat! Das Zertifikat öffnet uns Freiräume, die es ohne nicht gäbe.
Verhältnismässiges Vorgehen erforderlich
Durch das Zertifikat ist ein verhältnismässiges und differenziertes Vorgehen zur Vermeidung von Todesfällen, schweren Krankheitsverläufen und einer Überlastung des Gesundheitswesens also erst möglich. Konkret heisst das: Weil Geimpfte, Genesene und Getestete aus epidemiologischer Sicht weitaus weniger ansteckend sind, werden sie mit Zertifikat von einschränkenden Schutzmassnahmen entlastet. Weiter aber gilt: Auch das Zertifikat - respektive die Pflicht zu dessen Verwendung in verschiedenen Lebensbereichen - ist eine Einschränkung der persönlichen Freiheit, die nur solange gerechtfertigt ist, wie sie notwendig und verhältnismässig ist.
Unehrliche Missinterpretation der Referendumsführer
Bereits aufgrund des Epidemien-Gesetzes hat der Bundesrat die Kompetenz, in Falle einer Epidemie das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zum Schutz der Bevölkerung einzuschränken. Dabei hat er den Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu beachten. Artikel 1a des Covid-Gesetzes ändert daran nichts, im Gegenteil: Er konkretisiert und verdeutlicht diesen Grundsatz noch zusätzlich. Der Bundesrat darf ausdrücklich nicht nur nach epidemiologischen Kriterien agieren, sondern muss wirtschaftliche und gesellschaftliche Konsequenzen bei seinen Entscheiden genauso berücksichtigen. Die Revision des Covid-Gesetzes stellt dem Bundesrat also definitiv keinen «Blankocheck» aus, wie von den Referendumsführern irreführenderweise behauptet wird.
Wegfallende Unterstützungen für Betroffene
Gerade mit dieser Revision des Covid-Gesetzes, über die wir nun abstimmen, stehen zudem auch wichtige wirtschaftliche Unterstützungsmassnahmen auf dem Spiel. Das sind etwa Ansprüche aus der Erwerbsausfallentschädigung (EO) und die Unterstützung von Selbstständigerwerbenden, oder auch die wirtschaftliche Unterstützung von besonders betroffenen Kulturschaffenden, Veranstaltern oder die viel diskutierten Härtefallhilfen für Unternehmen. Wer diese Revision des Covid-Gesetzes ablehnt, muss sich auf jeden Fall auch bei anderer Gelegenheit nicht mehr als «Retter» dieser hart getroffenen Betriebe aufspielen. Aus all diesen Gründen stimme ich am 28. November Ja zum Covid-Gesetz. Zertifikat und weiteres Instrumentarium helfen, auf einem sicheren Weg aus der Pandemie so schnell wie möglich Freiräume zurückzugewinnen.
Beat Walti, Fraktionspräsident und Nationalrat ZH