Richtig ist, dass die viel zitierte rechtsbürgerliche Mehrheit aus SVP und FDP im Nationalrat eine rein theoretische Grösse ist, beträgt sie doch mit 101 gerade mal eine einzige Stimme. Nun besteht das Parlament aber nicht nur aus der grossen Kammer. Nimmt man korrekterweise auch die zweite Kammer, den Ständerat, dazu, so wird das Märchen des Rechtsrutsches immer deutlicher. Grund dafür ist die viel weniger stark parteipolitisch geprägte Entscheidungsfindung im Ständerat und die häufige Mehrheitskoalition aus CVP und SP. Da würde es doch sehr erstaunen, wenn FDP und SVP im Parlament eigenmächtig die Agenda bestimmen könnten.
Eine erneute Bestätigung dafür liefert eine kürzlich erschienene Auswertung im Tagesanzeiger. Die wichtigste Erkenntnis daraus ist, dass sich die Mehrheit aus FDP und SVP im Nationalrat nur in 6 von 540 Gesamt- und Schlussabstimmungen durchsetzen konnte. Damit ist dieser Teil des Vorwurfes der SP bereits einmal vom Tisch. Viel wichtiger aber ist die Bestätigung, dass in dieser 50. Legislatur die FDP – wie eigentlich immer – je nach Thema mit wechselnden Koalitionen Mehrheiten gefunden hat.
› Die von den Linken so gefürchtete bürgerliche Allianz zwischen FDP und SVP hat bei grösseren Vorlagen praktisch nur bei der Unternehmenssteuerreform III (USRIII) funktioniert, welche aber später im Volk keine Mehrheit fand. Nicht funktioniert hat sie hingegen exemplarisch bei der AV2020, bei der der geschlossene Block von CVP bis zu den Grünen eine Mehrheit fand, die aber danach genauso vor dem Volk scheiterte.
› Eine eindrückliche Mehrheit aller vier Bundesratsparteien verhalf unter der Koordination der FDP dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) zum Erfolg, der eine unbefristete Finanzierungslösung für die in der Schweiz wichtige Strasseninfrastruktur ermöglicht.
› Gerade bei den Themenblöcken Migration und Europa findet die FDP meist Mehrheiten mit der CVP und SP. Nur so war es beispielsweise möglich, eine mit den bilateralen Verträgen konforme Lösung für die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative zu finden.
Ist die Politik reformunfähig und unsozial geworden?
Die zweite Behauptung der linken Angstmacherei kann genauso einfach als Märchen entlarvt werden. So spricht bereits die Auswertung der behandelten Erlasse eine andere Sprache. Betrachtet man die erfolgreichen Erlasse der letzten drei Legislaturen, erkennt man schnell, dass in der laufenden Legislatur nur unwesentlich weniger Erlasse erfolgreich verabschiedet wurden. Bis zum offiziellen Ende dieser Legislatur wird der Unterschied noch kleiner werden. Von Reformunfähigkeit also keine Spur. Auch die Anzahl gescheiterter Vorlagen ist nur unwesentlich höher als in den vergangenen Legislaturen und betrug nur 9% aller Erlasse.
Neben dieser numerischen Auswertung ist die These der SP auch mit qualitativen Argumenten widerlegbar. Das zeigt sich exemplarisch anhand der gescheiterten USR III. Im Nachgang der Abstimmung hat sich das Parlament zusammengerauft und nach einer mehrheitsfähigen Lösung gesucht. Mit der STAF-Vorlage, vom Volk in diesem Jahr deutlich angenommen, wurde ein typisch schweizerischer Kompromiss gefunden. Ausser der SVP sind alle Parteien Konzessionen eingegangen, damit die Schweiz in zwei absolut zentralen Dossier gemeinsam weiterkommt. Auf der einen Seite konnte die Unternehmensbesteuerung endlich mit neuen standortfördernden Instrumenten an die internationalen Standards angepasst und attraktiv ausgestaltet werden. Damit können wichtige Steuereinnahmen gesichert werden. Auf der anderen Seite wurde die AHV für eine Übergangsphase finanziell gestützt, um für weiterreichende Reformen mehr Zeit zu erhalten.
Wichtige Herausforderungen der Zukunft anpacken
Das Fazit ist darum klar: Die Märchenstunde mit Onkel Levrat ist reine Zeitverschwendung. Weder gab es einen nachvollziehbaren Rechtsrutsch, noch ist die Politik plötzlich unsozial oder reformunfähig geworden. Die FDP respektiert die Schweizerische Konkordanz und setzt sich für zielführende Kompromisse ein, damit auch in Zukunft Wohlstand in der Schweiz generiert werden kann. Daran sollten sich vielleicht auch die Genossen der SP orientieren, anstatt sich immer weiter in die Geisselhaft der Gewerkschaften oder der JUSO zu begeben. Denn in naher Zukunft stehen wichtige Herausforderungen wie die Reform der Altersvorsorge, die Bekämpfung der Kündigungsinitiative oder die Totalrevision des CO2-Gesetzes an. Die Schweiz kann es sich schlicht nicht leisten, Ewigkeiten im Märchenwald herumzuirren. Wir müssen gemeinsam die wichtigen Herausforderungen der Zukunft anpacken!