Bundesrätin Keller-Sutter, Sie sind jetzt seit drei Jahren im Amt. Was hat diese Zeit für Sie gekennzeichnet?
Ich habe sehr viel gearbeitet. Für den Bundesrat habe ich neun Vorlagen in der Volksabstimmung vertreten. Dazu gehörten Fragen, die für den Standort Schweiz entscheidend waren, wie zum Beispiel die Begrenzungsinitiative. Im gleichen Zeitraum habe ich über 50 Vorlagen im Parlament vertreten. Einige davon waren bei meinem Amtsantritt blockiert oder auf der Kippe, so zum Beispiel das Aktienrecht oder das Datenschutzgesetz.
Sie musste neun Vorlagen in der Volksabstimmung vertreten. Wie ist das überhaupt möglich neben der «normalen» Arbeit als Bundesrätin?
Das war zuweilen eine Herausforderung, da ich auch in der Departementsführung, und in der Kommissionsarbeit stark gefordert war. Zudem wollte und will ich mich auch im Bundesrat einbringen und mitgestalten. Und dann ist da ja noch Corona. Das EJPD hat mit seinem Bundesamt für Justiz hier eine wichtige Rolle gespielt. So musste zum Beispiel sichergestellt werden, dass Unternehmen ihre Generalversammlungen digital rechtsgenüglich abhalten konnten.
Mit dem Referendum gegen das Waffengesetz wurde ein zweiter Pfeiler der bilateralen Beziehungen in Frage gestellt: die sicherheitspolitische Zusammenarbeit im Schengen-Raum.
Es ist tatsächlich so: Die Begrenzungsinitiative hat die Bilateralen I in Frage gestellt, das Referendum gegen die Waffenrichtlinie die Bilateralen II mit Schengen/Dublin. Die Zusammenarbeit im Schengenraum ist für die Sicherheit der Schweiz zentral. Ich nehme deshalb auch regelmässig an den Innenministertreffen der EU teil und bringe dort die Position der Schweiz ein.
Eine wichtige Vorlage für den Standort Schweiz war der Gegenvorschlag gegen die Konzernverantwortungsinitiative. War das der schwierigste Kampf?
Einfach war es nicht, auch was den Ton der Kampagne angeht. Aber der pragmatische und international abgestimmte Gegenvorschlag kam erfreulicherweise durch. Die so genannte Konzernverantwortungsinitiative ging viel zu weit, sie wollte eine international einmalige Haftungsnorm für Unternehmen.
Gab es auch wichtige sicherheitspolitische Vorlagen?
Im Juni 2021 sagte die Stimmbevölkerung klar Ja zu den neuen polizeilichen Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus. Im letzten Dezember hat das Parlament mit der Änderung des DNA-Profilgesetzes die sogenannte Phänotypisierung gutgeheissen. Zusammen mit der Weiterführung der Schengen-Zusammenarbeit sind das wichtige Bausteine für die Sicherheit in unserem Land.
Anderes sicherheitspolitisches Thema: Die Bekämpfung der häuslichen Gewalt ist Ihnen auch ein Anliegen. Was haben Sie vor?
Die Bekämpfung der häuslichen und sexuellen Gewalt gehört seit je her zu meinen politischen Prioritäten. Im letzten Frühling habe ich einen strategischen Dialog mit Bund, Kantonen und privaten Akteuren lanciert. Mit einer Roadmap haben sich Bund und Kantone verpflichtet, in alles Notwendige zu unternehmen. Sie müssen die Massnahmen in ihrem Bereich nun umsetzen.
Die Wettbewerbsfähigkeit des Landes wird auf dem Weg aus der Pandemie sehr wichtig sein. Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Am 13. Februar stimmen wir über die Abschaffung der Emissionsabgabe ab. Ein altes liberales Anliegen, das die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz stärken würde. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Fachkräftemangel. Hier möchte ich die Zulassung von ausländischen Fachkräften entbürokratisieren. Zentral ist auch die Digitalisierung. Dazu gibt es in meinem Departement verschiedene Projekte, zum Beispiel die Neuauflage der E-ID oder auch die digitale Unternehmensgründung.